Lehren aus der Pandemie – Das europäische und das globale Krisenmanagement der EU
Crisis Talk am 23. Juni 2021
Auch wenn das Ende der globalen Pandemie noch nicht absehbar ist, zieht die EU-Kommission eine Zwischenbilanz zum bisherigen Krisenmanagement. In der vergangenen Woche veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung über zehn Lehren – von der Früherkennung und Vorsorge über die Forschung bis hin zum Kampf gegen Desinformation – die aus dem bisherigen Krisenverlauf zu ziehen sind. Dies war das Thema, über das Prof. Dr. Nicole Deitelhoff (Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung) und Kim Eling (Stellvertretender Kabinettchef des Kommissars für Krisenmanagement, Europäische Kommission) in diesem Crisis Talk diskutierten.
Die Europäische Union wird meistens viel schlechter eingeschätzt, als sie wirklich ist.
Nicole Deitelhoff
In ihrem Impuls argumentierte Nicole Deitelhoff zunächst, dass das Krisenmanagement der EU weit besser gewesen sei als es häufig gezeichnet würde. Schon oft habe die EU Krisen als Antrieb für Veränderung genutzt. Im Zuge der Corona-Pandemie seien finanzielle Anstrengungen in ungeahntem Umfang unternommen worden, die zugleich auch politische Veränderungen außerhalb der Gemeinschaftsverträge bedeuteten. Auch Mark Weinmeister (Hessischer Europastaatssekretär) hob in seiner Begrüßung die sozio-ökonomischen Dimension der Corona-Krise hervor. Kritischer zu sehen sei hingegen, wie Nicole Deitelhoff unterstrich, ein Dauerkrisenmodus der EU, der bereits vor der Pandemie zu beobachten war. Dieser beeinträchtige zum einen die demokratische Qualität politischer Entscheidungsprozesse beeinträchtige und zum anderen führe er nicht zu langfristigen politischen Lösungen.
Gudrun Engel (WDR) knüpfte als Moderatorin daran an, mit der Frage an Kim Eling, inwieweit die EU auf eine solche Situation wirklich vorbereitet gewesen sei. Wenngleich es in der jüngeren Vergangenheit Erfahrungen mit regionalen Gesundheitskrisen wie zum Beispiel dem Ebola-Virus gegen habe, entgegnete Kim Eling, sei die EU auf eine Situation wie die der Corona-Krise nicht eingestellt gewesen. Das macht aber eben auch die echte Krise aus, so Nicole Deitelhoff, dass sie eben nicht in dieser Weise vorhersehbar sei. Eine Vorbereitung auf „Krise“ müsse daher vor allem in der Bereitstellung von Krisenmanagementstrukturen bestehen.
Am Ende des Talks wurde die globale Verantwortung der EU diskutiert, die Rebecca Schmidt (Goehte Universität/Normative Ordnungen) in ihrem Grußwort bereits betonte. Diese sei, so Kim Eling, von Anfang an ein wichtiges Anliegen der Kommission gewesen. Nicole Deitelhoff machte an einem Vergleich mit den USA deutlich, dass die EU auch hier eine konstruktivere Rolle eingenommen habe als andere globale Mächte, etwa in der Impfstoffverteilung. Auf dieser Note endete diese Veranstaltung in der Reihe Crisis Talks, die gemeinsam vom Leibniz-Forschungsverbund „Krisen einer globalisierten Welt“, der Vertretung des Landes Hessen bei der EU, dem Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ und dem Leibniz-Europa-Büro veranstaltet werden.
Begrüßung
Mark Weinmeister
Hessischer Europastaatssekretär
Rebecca Schmidt
Goethe Universität/Normative Ordnungen
Impuls
Prof. Dr. Nicole Deitelhoff
Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung/Goethe Universität Frankfurt am Main
Podiumsdiskussion
Prof. Dr. Nicole Deitelhoff
Kim Eling
Stellvertretender Kabinettchef des Kommissars für Krisenmanagement, Europäische Kommission
Moderation
Gudrun Engel
Fernsehkorrespondentin im WDR-Studio Brüssel